vom denken und formulieren.
sowas:
38: Bloodletter / Blutvergießer / Letra de Sangre
Auf den ersten Blick liegt es nahe, im Original einen „Blutbrief“ zu sehen - besonders
dann, wenn man sich die Vielzahl der möglichen semantischen Beziehungen zwischen den
Wortbestandteilen immer wieder vor Augen halten muss, weil sie in der eigenen Sprache
viel überschaubarer sind.
Der spanische Lokalisierer ging davon aus, ein schlichtes Determinativkompositum vor
sich zu haben, das - wie in germanischen Sprachen üblich - durch das Erstglied bestimmt
wird: ein blutiges X. So kam für das Zweitglied als Determinatum durchaus ein „Brief“ in
Frage, der ja ganz und gar ein Nomen ist, wie der Lokalisierer es an dieser Stelle ohnehin
erwartet hatte. Dass dieses Nomen in Wahrheit bereits eine Derivation (des englischen
Verbs „to let“) ist, blieb unbemerkt, denn im allgemeinen können ja die Bestandteile
eines Kompositums für sich stehen, und das trifft auf einen „Brief“ zu, auf einen „Lasser“
jedoch nicht.
Was also auf der Strecke blieb, war erstens die tatsächliche semantische Beziehung der
Wortbestandteile - die keine determinierende (A bestimmt B) ist, sondern eine ezierende
(B bewirkt A) - und zweitens die Bedeutung des Nomens „letter“.
Zunächst mag es viel verlangt scheinen, solche Fallen zu erkennen. Aber ein weiteres
Mal muss man einräumen, dass ein Blick auf den fraglichen Gegenstand geholfen hätte,
semantisch nachzurüsten: Ein Messer ist nunmal viel wahrscheinlicher ein „Blutlasser“
als ein „Blutbrief“.
In den seltenen Fällen, in denen schon die Originalbenennung ein VN-Kompositum ist,
hat dann wiederum der deutsche Lokalisierer Mühe:
Während
235: Pluckeye / Reißauge / Sacaojos
sowohl im Deutschen als auch im Spanischen sozusagen Volley genommen wurde, tappte
man bei
327: Tearhaunch / Tränenkeule / Anca Desgarrada
in eine typisch deutsche Sinnfalle, weil in germanischen Sprachen VN-Komposita zwar
vorhanden, aber rar sind. Ein Kompositum mit einem Nomen („Tränen-“) am Anfang ist
viel wahrscheinlicher als eines mit einem Verb („Reiß-“), und so übersetzte der deutsche
Lokalisierer eine „Tränenkeule“, wo es eindeutig ums Reißen ging.
Leider ließ er damit im Dunklen, wie er den nahegelegten semantischen Zusammenhang
der Bestandteile des Originals transportiert hätte. Aufgrund der Wortfolge müsste man
eigentlich eine „Reißkeule“ formulieren; der spanische Lokalisierer ging sogar noch weiter
in diese Richtung („gerissene Keule“). Dennoch hat das Original eher die Bedeutung „Keulenreißer“
- eine solche Lösung wäre vom spanischen Lokalisierer, der an VN-Komposita
gewöhnt ist, auch zu erwarten gewesen (z.B. „Tirapatas“).
Wieder gilt, dass der Gegenstand selbst bei der semantischen Identifizierung helfen kann:
Eine Keule hätte man ohne weiteres „Reißkeule“ nennen können. Allerdings handelt es
sich bei „Tearhaunch“ um Stiefel, mit denen bestimmte Charaktere recht schnell sind -
es sind „Keulenreißer“.
davon dann fünf engbeschriebene seiten... ich würd jetzt lieber mal ne stunde klicken :[